FFP2-Masken: Schutz nur bei korrekter Nutzung
Vor Beginn der COVID-19-Pandemie hatten Gesichts- und Atemschutzmasken einen definierten Zweck. Der hat sich jedoch inzwischen verändert. Dabei ist zu beachten, dass das Anlegen geübt sein sollte und zudem defizitäre Produkte den dichten Sitz erschweren oder zunichtemachen.
Nicht selten kommt es in COVID-19-Bereichen der Kliniken zu Infektionen der Mitarbeiter (1, 2). Hygieneexperten, die derzeit regelmäßig Begehungen vor Ort vornehmen, können Defizite erkennen, auf die das Personal aufmerksam gemacht werden sollte. Denn beim Anlegen und Tragen von FFP2-Masken schleichen sich leicht Fehler ein: Bei bis zur Hälfte der Mitarbeiter sitzt die Maske erkennbar nicht korrekt. Oder es sind die Produkteigenschaften, die eine vorschriftsmäßige Nutzung erschweren.
Ein Wangen-, Backen- oder Kinnbart sowie auch Koteletten verhindern einen adäquaten Schutz des Trägers einer FFP2-Maske. Da sich folglich Mitarbeiter mit Bärten gefährden, wird empfohlen, sich konsequenterweise für Tätigkeiten in COVID-19-Risikobereichen zu rasieren. Auch sollten die Masken nicht an der Wange abstehen und vor allem über der Nase ausreichend fest anmodelliert sein, sie reichen oft nur bis zur Nasenspitze.
Das korrekte Anlegen eines FFP2-Atemschutzes muss geübt werden, sonst gefährden sich die Mitarbeiter selbst. Die grundlegende berufsgenossenschaftliche Regel lautet daher auch, dass bei Anlegen der Persönlichen Schutzausrüstung (PSA) eine spezielle Unterweisung erfolgen sollte (3).
Ursprünglicher Schutzzweck
Der Zweck von FFP2- oder FFP3-Atemschutzmasken war vor der Pandemie der Schutz des Trägers, etwa während beruflicher, ärztlicher oder pflegerischer Tätigkeiten an Infektionspatienten. Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und die PSA-Benutzungsverordnung (PSA-BV) regelt die Bereitstellung der persönlichen Schutzausrüstung durch den Arbeitgeber und deren Nutzung durch Beschäftigte. Die Konformität mit den grundlegenden Gesundheitsschutz- und Sicherheitsanforderungen wird nach EN 149 der gesetzlichen Unfallversicherung geprüft (3). Ein Fremdschutz – des Kollegen oder Patienten – war und ist jedoch nicht Bestandteil dieser Prüfungen und bei FFP2-Atemschutzmasken mit Ausatemventil weder bezweckt noch vorhanden.
Hingegen ist die Zweckbestimmung von chirurgischem Mund-Nasen-Schutz (MNS) der Schutz von Patienten während der Operation vor den Mikroorganismen aus dem Respirationstrakt des Operationsteams. Ein MNS ist ein Medizinprodukt und wird nach DIN EN 14683 auf Bakterienfiltrationseffizienz geprüft.
Basierend auf klinischer Erfahrung empfehlen Institutionen wie die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) am Robert Koch-Institut (RKI) oder die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in den USA den Einsatz von MNS seit Jahren auch zum Personalschutz für den Fall, dass Pflegenden oder Ärzten eine Tröpfcheninfektion etwa durch einschlägig übertragbare Krankheitserreger wie saisonale Influenzaviren, Neisseria meningitidis, Bordetella pertussis oder andere droht. Darüber hinaus dient der MNS im Einzelfall auch dem Schutz des Trägers, zum Beispiel vor Blutspritzern (5).
Mund-Nasen-Bedeckungen (MNB) aus textilen Materialien sind hingegen in Operationsbereichen seit Jahrzehnten nicht mehr üblich. Im kommunalen Bereich fanden sie sich bei Pandemiebeginn nur im asiatischen Kulturkreis oder wurden hierzulande privat genutzt. Normative Prüfungen existieren dazu nicht.
Wenn der Laie FFP2 nutzen soll
Mit Beginn der zweiten Welle der COVID-19-Pandemie in Deutschland und der dramatisch ansteigenden Infektionsinzidenz wurden FFP2-(oder FFP3-)Atemschutzmasken plötzlich auch von Personen verwendet, die keine beruflichen Tätigkeiten an Infektionspatienten ausführten. Wesentliche Ursache waren Diskussionen über die Rolle von Aerosolen bei der Übertragung von SARS-CoV-2 vor allem in Zusammenhang mit so genannten „Superspreading-Events“ wie Chorproben oder Gottesdienste.
Auch zahlreiche Gesundheitseinrichtungen verordneten im Zuge dieser Entwicklungen allen ihren Mitarbeitern ein Tragen von FFP2-Masken während der gesamten Arbeitszeit. Unterstützt wurde diese Verfahrensweise auch von etlichen Gesundheitsämtern, die Personen nach Kontakt zu SARS-CoV-2-Infizierten trotz Tragen eines MNS oder einer MNB sofort und ohne Zeitverzug als Kontaktpersonen der Kategorie I (KP1) einordneten und unter Quarantäne stellten. Nur mit einer FFP2-Maske konnte man diese Folge vermeiden.
Die neuesten Beschlüsse der Bundesregierung vom 19. Januar haben nun die Pflicht zum Maskentragen in öffentlichen Verkehrsmitteln und in Geschäften „verbindlich auf eine Pflicht zum Tragen von medizinischen Masken konkretisiert“ (6). Damit sind OP-Masken oder FFP2-Masken (auch vom Maskentyp KN95) gemeint. In Bayern reicht hingegen der MNS der OP-Masken nicht aus, hier muss es der FFP2-Maskentyp sein (7).
Allerdings sind nicht allein aus medizinischer Sicht Schwierigkeiten zu bedenken, wenn Laien, die nicht mit infizierten Personen im medizinisch-pflegerischen Bereich Umgang und keine Übung im Umgang mit solchen Produkten haben, diese nutzen.
Maske mit zu kurzen Bändern – sogenannte „Blumenkohlohren“ sind die Folge.Verlängerung aus dem 3D-Drucker – das Problem bleibt bestehen, wenn die Maske über den Ohren getragen wird.Gefahr des Ab – rutschens – wenn die Bänder trotz Verlängerung unter den Ohren getragen werden.
Solche Verpflichtungen und die allgemeine Verbreitung der FFP2-Masken führen nicht zuletzt zur Verknappung der bestehenden Ressourcen. Im Allgemeinen sind daher auch in Gesundheitseinrichtungen nur noch Atemschutzmasken aus China verfügbar. Der deutsche Markt wird gegenwärtig von den chinesischen Produkten (Maskentyp KN95 statt FFP2) dominiert. Nach der Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung von 2020 des Bundesgesundheitsministeriums dürfen nur chinesische Produkte (KN95) ausgegeben werden, wenn sie europäischen Qualitätsstandards entsprechen.
KN95-Masken haben zwar deshalb prinzipiell keine schlechtere Schutzfunktion für den Träger als FFP2-Masken. Manchmal sind sogar beide Bezeichnungen aufgedruckt. Allerdings ist bei KN95-Masken wegen der von FFP2-Masken differierenden Schnittform das dichte Anlegen schwieriger. Es bedürfte aus diesem Grund umso eher eines eigenen Trainings.
Häufig lassen sich diese Masken auch nur mithilfe von speziellen Haltebändern und Schaumstoffabdichtungen an der Nase ohne Randleckagen benutzen. Bei zahlreichen KN95-Masken sind die Haltebänder hinter den Ohren zu kurz. Dies hat zur Folge, dass die Ohren temporär abstehen und zu den charakteristischen „Blumenkohlohren“ werden (Abbildung 1, 2). Zudem rutschen die Bänder unter den Ohren so leichter ab (Abbildung 3). Dadurch können Undichtigkeiten entstehen, die für den Träger ein erhöhtes Infektionsrisiko mit sich bringen. Es existieren bereits eine Vielzahl von – oft unzureichenden – Notlösungen, um diese Masken anzupassen.
CE-Zeichen ist kein Freibrief
Des Weiteren ist die CE-Kennzeichnung nach eigenen Beobachtungen oft nicht vollständig, da die vier Ziffern zur Kennzeichnung der zertifizierenden Stelle fehlen. Daher ist zu befürchten, dass die CE-Kennzeichnung nicht den europäischen Anforderungen genügt. Hygieneexperten ist aus eigenen Erfahrungen bei Beratungen in der Mongolei bekannt geworden, dass die chinesischen Hersteller auf Wunsch des Kunden beliebige Aufdrucke anbringen.
Zudem ist mindestens bis Ende September 2020 bei FFP2-Masken – und hier insbesondere bei chinesischen KN95-Masken – auf die Prüfung des Dichtsitzes verzichtet worden, die eigentlich für FFP2-Masken vorgeschrieben ist (8). In China ist für KN95-Masken keine Prüfung auf Dichtsitz vorgeschrieben (3, 9). Die bis dahin geprüften Produkte dürfen weiter abverkauft werden und belaufen sich nach Schätzungen der Industrie auf mehrere Hundert Millionen Masken, die noch in Lagern in Deutschland liegen.
Gesundheitsrisiken der Masken
Auch die mit dem breiten Einsatz von FFP2-Masken verbundenen Gesundheitsrisiken sollten aus medizinischer Perspektive diskutiert werden. Denn Atemschutzmasken haben gegenüber MNB und MNS einen deutlich erhöhten Atemwiderstand. Prüfungen nach der DIN-EN-ISO-9237-Norm erlauben für FFP2-Masken einen maximal zulässigen Atemwiderstand von 240 Pa bei 95 l /min; bei FFP3-Masken beträgt dieser maximal 300 Pa bei 95 l/min.
Aus diesem Grund macht man im Arbeitsschutz auch für gesunde Arbeitnehmer erhebliche Vorgaben, wenn FFP2-Masken zu tragen sind: Vor Anwendung ist eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 26 für Atemschutzgeräte ist anzubieten, eine Betriebsanweisung ist zu erstellen, jeder Nutzer ist in der Anwendung zu unterweisen, nach 75 Minuten Tragedauer (einer FFP2– Maske ohne Ausatemventil) ist eine 30-minütige Erholung einzuhalten (3, 10).
Aus Verantwortung für die Mitarbeiter in Gesundheitseinrichtungen, Personen im hohen Lebensalter oder solche mit krankheitsbedingter Atemnot, die ganztägig oder stundenweise zum Tragen von FFP-2-Masken verpflichtet sein sollen, sollte geprüft werden, wie hier den möglichen Gesundheitsrisiken zu begegnen wäre.
Sonst könnte die Anwendung von FFP2-Masken kontraproduktiv sein. Denn wenn diese Risikopersonen hinter einer gut sitzenden Maske Atemnot verspüren, werden sie sich vermutlich intuitiv Erleichterung verschaffen und über eine Leckage atmen – zumal sie mit der korrekten Anwendung der FFP2-Maske ohnehin überfordert sein könnten. Der Schutz einer solchen Maske wäre somit dahin.
Wenn dann bei einer FFP2-Maske eine Leckage vorhanden ist, wird praktisch ausschließlich über diese – also völlig ungefiltert – geatmet. Hingegen erlaubt der MNS wegen des einfacheren Filters zumindest teilweise, auch über diesen zu atmen. Die mit den Masken nicht vertrauten Personen wären aus diesen Gründen wahrscheinlich besser geschützt, wenn sie einen gut anliegenden chirurgischen Mund-Nasen-Schutz tragen würden. Angesichts der aktuellen Beschlüsse ist daher die Möglichkeit, auf einen medizinischen MNS vom OP-Typ auszuweichen, eine echte Alternative. Es gilt, die Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen, um den praktisch bestmöglichen Schutz zu erreichen – den die einfachere Maske vielleicht eher gewährleistet als die nur unter optimalen Bedingungen dichtere.
Das ist nicht nur für Laien zu bedenken. Denn während das Training zum Anlegen und Ablegen von Schutzausrüstungen wie auch Atemschutz seit Jahren bei Mitarbeitern im Rettungsdienst und von Abteilungen für hochinfektiöse Patienten als Conditio sine qua non im beruflichen Einsatz vorgeschrieben ist, wird dies gegenwärtig für nicht direkt an der Patientenversorgung beteiligte Personen nicht thematisiert. Berufliche Infektionsübertragungen von SARS-CoV-2 bei nicht in der Benutzung unterwiesenen Mitarbeitern trotz und gerade bei Benutzung von Atemschutzmasken sind daher weiterhin zu befürchten.
Trainierte Mitarbeiter erkennen Randleckagen bei Tragen von Atemschutz (vor allem bei sogenannten KN95-Masken mit und ohne FFP2-Zertifizierung) und versuchen diese durch Plastikbügel am Hinterkopf sowie durch Schaumstoffeinlagerungen an der Nase zu korrigieren. Aber auch der Umgang mit diesem Zubehör muss trainiert sein. Beides sind inzwischen handelsübliche Artikel geworden. Dabei lässt sich der Dichtsitz vom Nutzer relativ gut erkennen, da dann die Atemarbeit massiv zunimmt und beispielsweise das Steigen von zwei Stockwerken schon zu erheblicher Luftnot führt.
Aus den dargelegten Gründen benötigte man hierzu eigentlich baldmöglichst wissenschaftliche Untersuchungen. Diese sollten nachweisen, dass das Tragen von FFP2-Masken durch nicht trainierte Personen während der gesamten Arbeitszeit oder im Alltag eine geeignete infektionspräventive Maßnahme bei COVID-19 darstellt. Denn wenn sich die begründete Annahme bestätigte, dass es sonst durch Randleckagen eher zu einer erhöhten Infektionsgefährdung der Mitarbeiter kommt, ließe sich auch deren Schutz effektiver durch weniger belastende Maßnahmen gewährleisten.
Fazit
Mindestens in den COVID-19-Bereichen in Krankenhäusern und Alten- und Pflegeheimen sollten den Mitarbeitern FFP2-Masken hoher Qualität zur Verfügung gestellt werden. Vor allem aber sollten die Nutzer – insbesondere aber diese Mitarbeiter – im korrekten Anlegen und Tragen der Masken geschult werden. Die sonstigen Arbeitsschutzvorgaben, etwa die Erholungszeiten ohne Atemschutz sowie das Angebot der G-26-Untersuchung – müssen aus arbeitsmedizinischer Sicht eingehalten werden.
Prof. Dr. ret. nat. Lutz Jatzwauk,
Krankenhaushygieniker am Universitätsklinikum Dresden, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH)
Dr. med. vet. Nina Parohl,
HyKoMed GmbH Dortmund
Meike Rudke,
Krankenhaushygienikerin, Katholische
St.-Johannes-Gesellschaft Dortmund
Prof. Dr. med. Walter Popp,
HyKoMed GmbH Dortmund,
Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH)
Der Artikel unterliegt nicht dem Peer-Review-Verfahren.
Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
Literatur im Internet:
www.aerzteblatt.de/lit0421
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